15 — Fotopioniere Louis@Nicéphore
Santiago Engelhardt
Über die Oder oder das Und
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Die größte Spaltung der deutschen Gesellschaft besteht wohl darin, sich ständig zu beklagen, dass dieses ominöse Alles immer schlimmer wird, während die privaten Aussichten eher suppi eingeschätzt werden. Logik? Keine. Da hilft ein Blick über die Oder nach Polen. Eben noch Garant dafür, dass Europa dem Populismus anheim fällt und nun Role Model für eine Demokratie, die sich selbst retten kann. Sogar der Katholizismus trennt die Nachbarn angesichts massenhafter Kirchenaustritte und niedriger Geburtenraten immer weniger. Der Wahlsieg von Donald Tusk führt das Land wieder an die EU heran, doch das Spannungsfeld zwischen dem alten und dem neuen Polen, dem ländlichen und dem urbanen hat sich damit nicht erledigt. Santiago Engelhardt hat das Land wieder und wieder bereist mit dem Blick für die abseitigen Dinge des Lebens. Der Mann hat drei Reisepässe, ist ständig auf dem Globus unterwegs, aber manchmal liegen die spannenderen Geschichten gerade einen großen Fluss weiter von Berlin aus gesehen. Man kann kein Bild betrachten, ohne die deutschen Pendants mitzudenken von der Präsenz der Nonnen über die Demos bis zu den Schulterklappen. Wenn die Technik seiner poetischen, analogen Schwarzweißaufnahmen die Entwicklung vom Standard über den Anachronismus bis zum Revival bewältigt hat, dann kann der Wandel auch anderswo gelingen. Schön sieht er schon mal aus.
Karl-Marx-Allee 87
10243 Berlin
(Weberwiese)
Vernissage: 14. März 2025, 19 Uhr
Ausstellung: 15. März bis 15. Mai
Montag bis Samstag 11 bis 18 Uhr